mit Johann Meinrad Guggenbichler
Guggenbichler war in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Salzburgische eingewandert, wo er in Straßwalchen als Bildhauergeselle mit seinen feschen Heiligenfiguren reüssierte. Nach Mondsee gelangte er
ein wenig später davon wissen wir, weil er wegen einer unrechtmäßigen Schwängerung einer Salzburgerin von den Behörden gesucht wurde. Dies dürfte dem damaligen Abt von Mondsee nicht davon abgehalten
haben, das ungeheure Talent dieses Bildschnitzers zu erkennen und für sich und das Kloster in Anspruch zu nehmen. Wer die Stiftskirche in Mondsee betritt und ein wenig auf die Besonderheiten der dort an den Wänden aufgereihten Altäre und deren Figureninventar achtet, spürt augenblicklich die einzigartige Vitalität, die von diesen Schnitzereien ausgeht. Nein, es sind nicht die Prunksucht, das Gold und das funkelnde Licht, die uns üblicherweise in ein barockes Delirium verset- zen, vielmehr ist es die in das Holz hineinverwandelte Energie dieses aus der Schweiz stammenden Genies. Es ist, wie es die Ehrfurcht vor den dargestellten Heiligen gebietet, ein Auf-die-Knie-Sinken und ein Emporblicken in die nächste und übernächste Etage, und schnell wird uns klar, dass es nicht die Heiligkeit, sondern die lebendige Schönheit ist, die hier zu uns spricht und unsere Sinne und Gedanken hinaufzieht. Ein säkulares Empfinden? Mitnichten, ist es doch die Form, die den Inhalt vermittelt und das Gemeinte offenbart. So blicken wir mit schmerzendem Nacken unter wallende Gewänder, sich aufbauschende Faltenformationen, auskragende Bartgewächse und heftig vorgestreckte Nasenspitzen, deren dunkle Höhlungen ungeahnte Einblicke in das Innenleben eines Bernhards, Benedikts, Placidus oder Maurus versprechen. Dies alles hat kaum etwas mit dem Thema ZEIT(W)ENDE zu tun, das so ausführlich am 11.11.2018 hier in dieser Stiftskirche beschworen wird, eher schon mit einem PERSPEKTIVENWECHSEL, der uns dazu führen soll, innezuhalten, den Blick wieder nach oben zu richten, um jene Qualitäten wahrzunehmen, die uns hier vor Augen geführt werden.