Architektur erfahren durch Zeichnen
Die Erfahrungen des ersten Lehmbau-Projekts waren für Vorbereitung und Planung sehr hilfreich. Als Ziell haben wir uns den Bau eines Hauses vorgenommen.
Unser Interesse am Material Lehm als Werkstoff im Unterricht aus Werken und im plastischen Gestalten sowie als Baumaterial in verschiedenen Ländern bildete den Ausgangspunkt. Die Schüler reagierten auf den Vorschlag, ein Lehmhaus zu bauen, mit Zustimmung. Bei einem Elternabend zeigten sich auch die Eltern begeistert von diesem Vorhaben. In einer einführenden Stunde, lange vor der Bauphase, stellten wir anhand von Bildern vor, wie in Nordafrika noch heute mit Lehm gebaut wird. Dieselbe Bauweise, mit vorgetrockneten Ziegeln und mit einer Wanderschalung wählten wir für unseren Bau. Auch in Österreich hat der Bau von Häusern aus Lehm Tradition, wurde aber weitgehend verdrängt. Im Zuge des ökologischen Bauens findet dieser Baustoff aufgrund seiner ausgezeichneten Dämmwerte wieder mehr Beachtung.

Von Anfang an wollten wir das Projekt in einen fächerübergreifenden Zusammenhang einbetten: Ideenskizzen, Entwürfe und Bau machten den gestalterischen Teil aus, Organisationsabläufe und ökonomische Gesichtspunkte den wirtschaftskundlichen, geologisch-ökologische Zusammenhänge den biologischen. Die Lehrer dieser Fächer betreuten dann die Schüler in der Bauphase. Als ganzheitliche Klammer umfassten Fragen der Bauform und der Statik den Bereich der Architektur.

Verlauf
Auf die Basisinformation über Formen des Lehmbaus in Nordafrika in einer Stunde folgte drei Monate vor der Bauphase eine Einheit, in der die Schüler Skizzen anfertigten. Sie waren in der Dimensionierung auf den konkreten Ort der Ausführung, einer Freifläche im Anschluss an die Scheune eines Vierkantbauernhofs, abgestimmt. Vorbereitet durch zeichnerische Übungen in der Wiedergabe räumlicher Körper sollten die Entwürfe so konzipiert sein, dass sie mit Ziegelbauweise oder Schalung ausgeführt werden können. Einfache Formen ohne zu große Spannweite für das Dach sollten bevorzugt verwendet werden.
Aus den Entwürfen, die entstanden sind, ließen sich favorisierte Typologien ablesen: Häufig vorkommende Elemente waren Treppe und Turm. Aus diesen Anregungen entwickelten wir ohne Einbeziehung der Schüler zunächst in Skizzen und dann in einem Styropormodell unseren Vorschlag. Ein freistehender Turm vor einem Bau mit ansteigendem , begehbaren Flachdach, das über eine Treppe zugänglich ist. Er wurde von den Schülern akzeptiert.
10 Ziegelschalungen (15 x 25 x 50 cm) und 2 Wanderschalung (50 x 50 x 100 cm) und 10 Stampfer zum Verdichten des Tons wurden vom Tischler nach unseren Angaben angefertigt. Eisenklammern, wie sie zum Fixieren der Schalungen verwendet werden, dienten dazu, die Formen zusammenzuhalten. Die notwendigen Werkzeuge wie Schaufeln , Spaten und Krampen brachten die Schüler selbst mit. Passende Arbeitskleidung und entsprechendes Schuhwerk nicht zu vergessen!

Am ersten Arbeitstag, eine Woche vor Baubeginn begannen wir mit der Erzeugung der Tonziegel. Die von der Firma Wienerberger zur Verfügung gestellte Tonerde (wir verarbeiteten insgesamt 2 LKW Lieferungen) wurde trocken mit etwas Stroh als Armierung (zur Erhöhung der Zugfestigkeit) vermischt und leicht angefeuchtet. Dieses Gemisch stampften die Schüler mit den Stampfern in die Ziegelformen. Zum Trocknen wurde von den fertigen Ziegeln die Schalung abgenommen. In einer arbeitsteiligen Form arbeiteten jeweils drei Gruppen, zwei weitere hatten frei zur Erholung. Auf diese Weise konnten wir an einem Tag ca 100 Ziegel produzieren.
In der letzten Schulwoche vor den Ferien reisten wir für drei Tage zu unserer Baustelle und übernachteten dort, um das Werk auch zu einem Gemeinschaftserlebnis werden zu lassen. Nach einer Lagebesprechung und der Organisationsplanung am Abend des Anreisetags begann die Arbeit in verschiedenen Gruppen: Ziegelerzeugung, Schlickererzeugung (als „Mörtel“ für die Ziegel), Befüllen der Wanderschalung inkl. Verdichten, Maurer am Haus, Maurer am Turm . Etwa im Stundenrhythmus wechselten die Schüler die Gruppen. Die Pausen wurden für alle gleichzeitig angesetzt.
Der Turm wurde, so wie eine der beiden ca. 6 Meter langen Mauern, in Ziegelbauweise errichtet; die Treppe und die zweite Mauer bauten wir mit der Wanderschalung auf. Die 25 cm starke Ziegelmauer stürzte am zweiten Bautag ein, weil durch den Schlicker zu viel Feuchtigkeit im Ton war. Je trockener gebaut wird, desto druckfester und stabiler werden die Mauern. Sie musste durch Streben verstärkt werden. Die Arbeit mit der Wanderschalung (50 cm Mauerstärke) erwies sich als vorteilhafter und stabiler. Die Ziegel waren hingegen für kleinteiligere Arbeiten besser zu verarbeiten.
Um das Eindringen der Bodenfeuchtigkeit in den Lehm zu unterbinden, bildeten wir mit Betonplatten ein Fundament. Ohne diesen Schutz besteht die Gefahr, dass der Bau bei Nässe einsackt und zusammenstürzt.
Für die Dachkonstruktion legten wir armdicke Äste als Balken auf, darüber feines Geäst, um die Freiräume abzudecken. Darauf folgte Stroh, und schließlich eine ca. 15 – 20 cm dicke Schicht Lehm, die mit den Füßen festgestampft wurde. Eine große Hilfe waren uns Väter und Mütter, die uns bei der Arbeit unterstützten.
Selbst heftigen Regengüssen hat das Lehmhaus über den Sommer hin standgehalten. Bei einer Besichtigung im Herbst war es bis auf einige Schwachstellen noch ganz.
Eine Betriebsbesichtigung im Ziegelwerk der Firma Wienerberger sowie das Erstellen einer betriebswirtschaftlichen Kostenrechung des Lehmbaus brachten Aspekte der Berufsorientierung in das Projekt ein.
Kosten:
Architektenhonorar: ÖKS, Verein Architektur & Schule, Eigenmittel. Sachzuwendungen: Wienerberger, Gästehaus Haiderhof.
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