ERICH SCHUHPUTZER • eine architektonische Studie • Salzburg 1997
1.) Mit einem Menschen, der fest und unverzichtbar zu einem Stadtbild gehört, lassen sich die wesentlichen Eigenheiten einer urbanen Umgebung besser verdeutlichen als mit jeder kunsthistorischen Belehrung. Die Stadt hat ihn geprägt und er definiert Kraft seiner Präsenz die Architektur. Das Resultat ist eine spannende Interaktivität von Mensch und Gebäude. Das, was heute historische Städte so fremd, ja oft so verlogen erscheinen lässt, ist zumeist die Abwesenheit des Menschen. Dies klingt bei einer so überlaufenen Stadt wie Salzburg wie ein schlechtes Paradoxon. Tatsache ist vielmehr, das gerade jene Menschen, die bislang unsere Städte mit ihrem typischen Habitus prägten, die Stadträume bewohnten und dadurch diesen ihren unverwechselbaren Flair verliehen, aus diesen zugunsten einer tödlichen Kommerzialisierung weggesäubert wurden. Übrigeblieben ist eine traurige Hülle, deren hochgeschminkte Fassade nicht über die Leblosigkeit dieser einst urbanen Räume hinwegzutäuschen vermag.
2.) Wir haben Herrn Mittermayr, stadtbekannter Schuhputzer in Salzburg, gebeten, sich einfach im Stadtraum zu bewegen. Dies haben wir mit zwei Videokameras und mehreren Fotokameras dokumentiert. Wir haben absichtlich kein Drehbuch geschrieben und Herrn Mittermayr gebeten, sich in der Umgebung natürlich zu bewegen. Um störende Einflüsse durch die beobachtenden Kameras zu vermeiden, haben wir uns bei der Aufnahme sehr distanziert und unauffällig verhalten.
3.) Wegen der spannenden Dreharbeiten haben wir unerwartet an die 50 Stunden Filmaufnahmen zusammengebracht. Das gliedernde Konzept war beim digitalen Videoschnitt nun in etwa folgendes: a) Der Zeitraum soll sich zwischen frühmorgends und Dämmerung erstrecken; b) Herr Mittermayr führt uns durch die Stadt; c) Während der Bewegung tritt seine Person mit den diversen öffentlichen Räumen und Plätzen, mit den Oberflächen der Straßen, der Häuser, des Himmels in wechselnde Beziehung und definiert unseren Blick auf eine scheinbar bekannte Umgebung völlig neu.
4.) Der Film wurde als Gegenentwurf zu den vielen touristischen Selbstdarstellungen der Stadt konzipiert und durchgeführt. Als erfreuliche Nebenwirkung konnten wir einen äußerst positiven Einfluss auf Herrn Mittermayr feststellen, sodass wir bei dieser Arbeit auch von einem sozialen Kunstwerk sprechen können.
5.) Technologie: Es wurden zwei Videokameras verwendet (eine der Schule Sony DV und eine private Panasonic sVHS). Die geeigneten Szenen wurden digitalisiert (Power Mac 7600 mit Videokarte) und am Computer geschnitten (Adobe Premiere 6). Zwischen die einzelnen Szenen wurden Standbilder interpoliert, die das jeweilige Geschehen kommentieren. Das Rendern dauerte ewig!
Links: Bilder von einem Drehtag.
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