Architektur erfahren durch Zeichnen
Den Ausgangspunkt bildete eine kurze Projektbeschreibung der Architekten.

Das Schulgebäude des Gymnasiums mit Tagesheim ist eingebettet in eine Parklandschaft. Für diesen Park sollten die Schüler architektonische Objekte planen, die ihren Bedürfnissen entsprechen und auf charakteristische Eigenheiten des Geländes (Obstgartenhain mit Gefälle) eingehen und so die Qualität des Ortes auf eine neue Weise erlebbar machen. Um Klischees und architektonische Gemeinplätze zu vermeiden, bei denen Architektur bloß als Möblierung aufgefasst wird, gingen die Aufgabenstellungen von anschaulichen plastisch-räumlichen Gestaltungsaufgaben aus.

Aus der Sicht des Lehrers bot die Herausforderung der Schüler im Wahlpflichtfach die Chance, über einen längeren Zeitraum persönliche Zugänge zum Thema Architektur zu erarbeiten. Durch die Einbeziehung zweier externer Fachleute war eine intensive individuelle Betreuung gewährleistet.

Nach einem einführenden Referat über Klischees in der Architektur und landschaftsbezogenem Bauen (Bernard Rudofsky) wurden Wohnbedingungen daheim, in der Schule und in der Schulumgebung besprochen. Auf Grundflächen von 30 x 30 cm gestalteten die Schüler Grundsituationen, bei denen konkrete Orts- und Materialerfahrungen und das Verhältnis von Außen und Innen im Mittelpunkt standen. Bei der Erarbeitung verschiedener Modelle klärten die Schüler persönliche Raumerfahrungen. Aus den vielen Ideen entstand nach langen Diskussionen ein gemeinsames Konzept, in das die Wünsche der Schüler Eingang fanden:
• dass sich Gruppen zusammensetzen können,
• dass neben statischen, fest verankerten Elementen auch mobile Objekte möglich sind, dass man darauf klettern und sich niederlassen kann,
• dass eine Abschirmung vorhanden ist.

Das Endergebnis, die Synthese aus mehreren Vorschlägen, wurde als maßstabgetreues Holzmodell gebaut und zusammen mit den Entwürfen in der Schule ausgestellt.
Exkursionen zur benachbarten Wohnsiedlung „Bolaring“ und zum Einkaufszentrum Europark sowie Schülerreferate zum Thema „Straßen für Menschen“ (Bernard Rudofsky) bildeten den Abschluss.
Jeder Schüler bekam im Verlauf des Projekts ein individuelles Entwurfsprogramm auf den Leib geschrieben. Den Anfang machten ortsbezogene Erkundungen im Schulgelände und im Umfeld:
• Beziehung zum Thema Raum suchen (Malereien und Zeichnungen).
• Inhalte suchen, die für Architektur bedeutsam sind.

Die Fundstücke vom Schulgelände und aus dem näheren Umfeld brachten sie auf einer quadratischen Fläche zueinander in Beziehung.
Auf diesen subjektiven Einstieg bauten weitere individuelle Aufgabenstellungen auf. Die Themen lauteten: Raumbeziehungen, Raumbeziehungslosigkeit, Raumtransformationen, Zwischenraum - Raumgelenk, Form - Raum, Dialektische Räume, Raumerinnerung, Extreme Räume - neue Räume, Rhythmische Raumhöhen, Raumfragmente.
Der Sprung in die Malerei (jeder setzt sein Raummodell in ein Bild um) war als Lockerungsübung und Perspektivenwechsel gedacht, um das Gebaute mit anderen Augen wahrzunehmen.
Mit der Suche nach spezifischen Orten im Schulgarten und der Analyse dieser Orte durch Messungen folgender Besonderheiten: Steilheit, Höhen, Licht, Blicke, Luftströmungen, Dichte, Bewegungen, Eindringlinge bekam die Aufgabe eine erste Ausrichtung auf mögliche Orte zum Bauen. Die leicht ansteigende Hanglage des Schulgartens wurde in diesem Schritt zum ersten Mal ins Modell eingebracht.
Swinging LieferingDie abwechslungsreiche Lichtsituation des Geländes und seine vielfältige Gliederung durch Vegetation, Höhenabstufungen und Wegführung mündete in die Aufgabenstellung „Lichtgarten“.

Folgende Themen wurden von den Schülern entwickelt:
Ein transparenter Raum, der tagsüber das Licht reflektiert und filtert, während er abends mit Kunstlicht beleuchtet wird und somit einen hellen Akzent setzt. Eine Rampe als begehbarer Steg durch den Obstgarten.
Eine Wegführung und Wegbegleitung durch Lichtkörper. Lichtinseln im Garten.
Transparentes Labyrinth als verschlungener Weg.

In einem nächsten Schritt ging es darum, aus der Fülle der Vorschläge eine Idee zu entwickeln, die sich an einem konkreten Ort verwirklichen lässt und die den Wünschen und Bedürfnissen der Schüler entspricht.
Folgende Elemente sollten darin vorkommen:
• Eine Wand, die Sichtschutz zur Schule hin bietet und Raum zum Aufenthalt bildet.
• Ein Raum, der transparent ist und der auch einen geschlossenen, dichten Teil hat.
• Ein bewegliches Element als mobile Einheit, die soziale Aktivitäten ermöglicht.
Zwei Schüler bauten an einem Vormittag im Büro der Architekten davon ein Modell aus Styropor: In die Hanglage zwischen die Obstbäume hineingebaut befinden sich links zwei Räume. Darin schließt sich die Wand auf einer Rampe mit einer Überdachung an. Rechts befindet sich als Kubus ein mobiler Teil, der, auf Rädern montiert, im Gelände frei bewegt werden kann.

Die Architekten präzisierten diese Idee. Aus konstruktiv-technisch-finanziellen Gründen wurde das Dach weggelassen. Den mobilen Kubus verwandelten sie in eine leichte, mobile Sitzgruppe. Der Raum erfuhr eine klare Teilung in einen transparenten und einen geschlossenen Teil, der durch eine Schiebetür getrennt oder verbunden werden kann.

Das Ergebnis: A. Wand „Taubenwand“ – ein Treffpunkt, auf dem man wie die Tauben sitzen oder darauf klettern kann.
Elemente: Sichtschutz, Blende. Wand mit vielen Schlitzen: Massive, verankerte Bretter als Sitzfläche oderSonnenschutz/Regendach/Vordach.
B. Innenraum, „Guillotine“: Raum,in den sich eine Gruppe zurückziehen kann (4 m hoch und lang, 2 m breit). Mit transparentem und geschlossenem Teil. Die Schiebetür-Guillotine kann einen völlig geschlossenen Raum erzeugen oder nach außen hin Öffnungsignalisieren.
C. Mobiles Prinzip: „Stereowagerl“: Leichtkonstruktion aus Holz auf Rädern. Ein mobiles, multifunktionales Möbel als Raum, um dem sich eine Gruppe zusammensetzen kann und der im Gelände an einen Ort nach Belieben bewegt werden kann.

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