Anton Thiel



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Thiel – BE Aktionismus

Architekturpreis des Landes Salzburg 2010 - Anerkennung

Anton Thiel

Herzlichen Dank an alle, die mitgearbeitet und mitgeholfen, mitgelitten und mitgefeiert haben!

eingereichtes Projekt:
  • Haus in Bewegung - Redefinition einer anthropologischen Konstante

Begründung der Jury:

  • Temporäre Architektur, ob von Architekten oder von bildendenden Künstlern, ist auch Architektur. Das Gleiche gilt für Installationen, die sich mit Problemen der Architektur bzw. des Bauens befassen. Vor allem dann, wenn es sich um Nachbildungen von Gebäuden oder von aufgebauten Gebäudeideen handelt, geht es um Bauwerke. Typologisch handelt es sich entweder um Ausstellungsarchitektur oder um noch nicht eingeführte bzw. kodifizierte Architektur-Prototypen. Die Architekturgeschichte verzeichnet eine Vielzahl von derartigen Bau-Arbeiten, die sich für den architektonischen Diskurs häufig als ungemein wichtig erweisen. Die metaarchjtektonischen Arbeiten etwa von Friedrich Kiesler, Hans Hollein, Coop Himmelblau etc. als Beispiele.

    Jene Installationen, die Anton Thiel entwickelt, in vielen Varianten ausgeführt und auf verschiedenen Orten präsentiert hat, entsprechen nach Meinung der Juroren den kons- tituierenden Merkmalen von Bauwerken sowie den Kriterien qualitätsvoller Architektur. Darüber hinaus stellen sie einen bemerkenswerten Beitrag dar, der die Empfindlichkeit der Öffentlichkeit für ethische Aspekte des heutigen Bauens zu stärken vermag.

    Die Juroren würdigen sowohl die hohe ästhetische Form als auch den ideellen, aufkläre- rischen Inhalt der Arbeit von Anton Thiel und beschließen daher einstimmig, seine Arbeit mit einer Anerkennung auszuzeichnen.

Vorwort aus dem Wettbewerbskatalog – Amber Sayah (Vorsitzende der Jury)

Zwei in letzter Zeit zufällig gehörte oder gelesene Sätze. "Die europäische Stadt ist gebaut" lautet der eine, "Hört auf zu bauen!" der andere. Von der Berliner Senatsbaudirektorin Regula Lüscher stammt der erste, Titel einer Diskussionsveranstaltung an der Karlsruher Architekturfakultät war der zweite, die sich damit wiederum auf eine tumultreiche Diskussion im West-Berlin des Jahres 1967 bezog.

Was haben diese Äußerungen mit dem Architekturpreis Salzburg 2010 zu tun? Auf den ersten Blick: gar nichts. Berlin und Karlsruhe sind fern, und einen Architekturpreis für das beste nichtgebaute Haus, die gelungenste Unterlassung zu vergeben, wäre reichlich absurd – eine Antiwerbung für die Leistungen eines Berufsstands, dessen Verdienste mit dieser Auszeichnung ja gerade ins öffentliche Bewusstsein gehoben werden sollen (obgleich Salzburg aus den vergangenen Jahren bekanntlich eine eindrucksvolle Liste der verpassten Chancen vorzuweisen hat).

Auf den zweiten Blick passen die Zitate aber wie von ungefähr zu den Wettbewerbszahlen: beim vorigen Mal waren 59 Projekte für den Architekturpreis Salzburg eingereicht worden, diesmal waren es 42, also rund um ein Drittel weniger als 2008. Mit einer freiwilligen Enthaltsamkeit der Architekten dürfte das jedoch eher weniger, mit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre dafür umso mehr zu tun haben. Planen und Bauen ist ein konjunkturabhängiges Geschäft.

Es liegt aber auf der Hand, dass die Aussage "Die europäische Stadt ist gebaut" gerade auch auf eine Stadt wie Salzburg zutrifft: Ihr einzigartiges Erscheinungsbild einerseits zu erhalten und sie andererseits vor musealer Erstarrung zu bewahren, das ist die Herausforderung, vor die sich Architekten und Bauherren, Politik und Bauverwaltungen gestellt sehen. Im historischen Kern geht es daher hauptsächlich um Reparatur, Umbau, Umnutzung, Weiterbau – um das Bauen im Bestand. Auf vorbildliche Weise ist das den Architekten Lechner & Lechner mit ihrem Haus in der Priesterhausgasse geglückt, das sich, ein attraktiver, unverkennbar heutiger Lückenfüller, der Stadt geradezu emphatisch öffnet, sie zu sich herein- und von ihr durchdringen lässt und umgekehrt mit seinem Innenleben in sie hinauswirkt.

"Hört auf zu bauen!" möchte man dagegen bei einer Fahrt über Land ausrufen. Zersiedelung ist gewiss kein Problem, das allein das Land Salzburg betrifft. Aber das architektonische Qualitätsgefälle zwischen Stadt und Land fällt doch auf. Im Übrigen gilt, was Michael Hofstätter im Katalogvorwort zum Architekturpreis 2008 schon anmerkte: "Vielleicht beschäftigen sich die konsensorientierten Entscheidungsträger in diesem Bundesland ... zu wenig mit konzeptiven Architekturen in Verbindung mit Städtebau und Landschaftsplanung.' Zu wünschen wäre, dass sich künftige Jurys auch mit intelligenten Rückbaukonzepten, Verdichtungen und Konversionen auseinanderzusetzen haben, denn – nochmals Michael Hofstätter – "nur ein anderer Umgang mit der Landschaft kann zur essentiellen Weiterentwicklung der Formensprache der Architektur führen. Die ebenfalls preisgekrönte Tourismusschule in Bad Hofgastein von Fasch und Fuchs wird ihre pädagogische Nebenwirkung gewiss nicht verfehlen, dass ein Haus durch seine Architektur sowohl das soziale Miteinander fördern als auch sich ohne folkloristische Attitüde ins Ortsbild einfügen und dieses sogar aufwerten kann.

Zur Vergabe der Stipendien hat die Jury einige Vorschläge entwickelt, die als Empfehlungen an den Auslober formuliert wurden. Wesentliche Punkte sind zusammenfassende schriftliche Erläuterungen und persönliche Vorstellungen der Bewerber anstelle der bisher eingereichten, meist dickleibigen Dokumentationen, die in der Kürze der Zeit kaum zu beurteilen sind, sowie projektgebundene Auszeichnungen. Denn ein Stipendium sollte per se – und erst recht mit Blick auf den undotierten Architekturpreis – nur an Forschungsvorhaben und Untersuchungen zu Themen der Architektur respektive der Stadt- oder Landschaftsplanung vergeben werden, und nicht für bereits abgeschlossene Arbeiten.

Es ist hoffentlich kein Geheimnisverrat, dass es in der Jury für den Architekturpreis 2010 unterschiedliche Meinungen über die Zahl und Differenzierung der Auszeichnungen gab. Den Mitgliedern, die lieber nur einen oder zwei Preisträger gekürt hätten, standen diejenigen gegenüber, die auch Anerkennungen vergeben wollten. Ich verhehle nicht, dass ich zur zweiten Fraktion gehörte, da der Sinn einer Auszeichnung für hervorragende Architektur nicht sein kann, nur das eine, alles überstrahlende Bauwerk zu prämieren, sondern den Blick der Öffentlichkeit auch auf das unspektakuläre, aber sorgfältig Geplante und gut Gemachte, das ästhetisch, sozial und energetisch Nachhaltige, das Landschafts- und Stadtverträgliche zu lenken, das in der Masse des Gebauten gleichwohl die Ausnahme bildet, In diesem Sinne wünsche ich dem Architekturpreis Salzburg, dass es in Zukunft neben dem Lorbeer für architektonische Exzellenz auch zahlreiche Anerkennungen gibt. Stadt und Land hätten viel davon.
initiative architektur Salzburg
Salzburger Landesregierung