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BE e-learning 7a/e 2003/04 Duerer zurück 2003/04 BEH A. Thiel a.thiel@salzburg.at
1. Schularbeit, 21. November 2003, Dauer: 2 Stunden
Schularbeit und Verbesserung zum 2. Thema 2. Thema - Selbstportrait Ergebnisse
Apokalypse
1. Thema

Vergleiche den Holzschnitt: "die vier apokalyptischen Reiter" von Dürer mit der aktuellen dpa-Meldung vom 20. 11. 03

Die Apokalypse ist ein uns ständig präsentes und aktuelles Thema. Sowohl zur Zeit Dürers um 1500, als auch heute besteht die Angst vor dem Weltuntergang und die Hoffnung auf einen besseren, neueren, paradiesischen Zustand. (auf ein besseres neues Reich. 1)

Das 15. und 16. Jahrhundert war die Zeit der Veränderung, die durch Humanismus, im wissenschaftlichen Bereich, und Reformation, im geistigen, religiösen Bereich gekennzeichnet ist. Durch Hungersnöte, Armut und diverse tödliche Krankheiten, wie der Pest oder Syphilis waren die Menschen dieser Zeit extrem verängstigt und verunsichert. Albrecht Dürers Holzschnitt der ?vier Apokalyptischen Reiter? spiegelt die Ängste der Zeit wider. Auf dem Bild sieht man die vier Reiter – Tod, Pest, Krieg und Hungersnot – die bereit zum Kampf auf ihren Pferden die Menschen niedertrampeln. Im Vordergrund der Tod, der auf einem abgemagerten Gaul einher reitet, danach der Hunger, mit einer Waagschale als Waffe, dahinter reitet der Krieg mit einem Schwert in seiner Rechten, und schlussendlich spannt die Pest ihren Bogen, bereit die Erde und die Menschen zu verseuchen. Ein König wird, am Boden unter den Reitern liegend, von einem Monster verschlungen. Am Himmel schwebt ein Engel, der vermutlich diese Sache gutheißt. Wobei ich vermute, dass es sich um einer der Engel handelt, die Botschaft in die Städte bringen, um die Menschen zu warnen, da er auch mit seinem rechtem Zeigefinger nach vorn deutet.
Trotz der schaurigen Szene ist es doch Gerechtigkeit 2) , die hier passiert. Natürlich kann man bei der Pest nicht von Gerechtigkeit sprechen, denn sie sucht sich ihre Opfer nicht aus. Alle sind betroffen, auch diejenigen, die unschuldig sind. Außerdem ist sie, genauso wenig wie der Tod, keine vom Menschen herbeigeführte Plage, wobei er natürlich beispielsweise durch die Zerstörung seiner Umwelt seinen Lebensraum verliert und das zerstört was er zum Leben braucht. Er verpestet seine zum Leben notwendige Luft mit diversen Abgasen und vergrößert so auch das Ozonloch, was zu einer Schädigung der Menschlichen Haut –bis zum Hautkrebs- führt. Doch die Abläufe, die Gott selbst steuert, ohne unser beitun, würden Gottes Gerechtigkeit und Güte hinterfragen. Man kann dies allerdings nur generell auf unsere heutige Situation und nicht auf die Apokalypse auslegen. In der Offenbarung des Johannes schickt er die Reiter ja nur zu denjenigen, die es wirklich nicht wert sind auf der Erde zu bleiben. In der Realität kann die Pest natürlich jeden treffen oder auch der Tod ist unumgänglich. Somit könnte Gott diese Übel zwar verhindern, tut es aber nicht (Wobei ich hier nicht weiter erläutern möchte, da dies zu sehr in die Theodizeefrage überlaufen würde, was ich absolut nicht möchte.). Die anderen Übel - Krieg und Hungersnot – liegen durch unsere ?menschliche Freiheit? in unserer Hand. Allerdings nimmt niemand von uns den Zügel, um zu verhindern dass wir gegen die Wand laufen. In der Apokalypse hingegen ist die Bestrafung schlechthin im Vordergrund, die aber auf Gottes ?gerechten? Gedanken basiert:
Die sündigen Menschen werden für ihre Schandtaten bestraft. Denn es überleben in der Offenbarung des Johannes ja bekanntlich nur die Menschen, die es verdient haben. Zumindest werden nur diese später im Weltgericht, durch den Eintrag ihres Namens im ?Buch des Lebens? von den Höllenqualen erlöst.

Wenn man sich nun im Vergleich dazu ein Foto einer Situation der heutigen Zeit ansieht, (trifft das nicht auf Gerechtigkeit zu) kann man nicht von Gerechtigkeit sprechen. Der Schauplatz ist vor einer Bank in Istanbul, wobei von der ehemaligen Bank nicht mehr viel da ist. Vor dem Gebäude sind 2 Autobomben explodiert. Bei diesem Anschlag einer islamischen Terrororganisation kamen 26 Menschen ums Leben. Im Bild sieht man ein vollkommen zerstörtes Auto im Vordergrund und das stark beschädigte Gebäude im Hintergrund, wo ein Wasserrohr geplatzt ist, aus dem nun Wasser auf die Straße spritzt. Man könnte sagen, es sieht aus wie nach dem Anschlag der apokalyptischen Reiter. In diesem Fall hatten Tod und Krieg ihre Finger im Spiel. Szenen wie diese sieht man nahezu täglich in den Medien und die erste Frage, die mir dazu einfällt, ist: warum? Warum tun Menschen so etwas? Denn im Grunde sind es nicht die Reiter denen wir die Schuld für so etwas geben kann, denn es ist unsere Schuld. Ich möchte damit nicht sagen, dass wir an allem Übel der Welt schuld wären, aber wir können die Schuld auch nicht auf Gott schieben. Die Menschen vernichten sich selbst. Dazu muss Gott nicht einmal mehr seine Boten senden. Ich sehe in der Offenbarung des Johannes eine Warnung am die Menschen, nicht mehr so weiter zu machen wie bisher. Wodurch entsteht die Hungersnot? Zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit und Armut. Der Mensch könnte solche Dinge ändern, tut es aber nicht. Die Armen werden immer ärmer und die Reichen, die immer reicher werden, helfen ihren Mitmenschen nicht und bereichern sich nur an dieser Situation. So wird die Situation immer aussichtsloser. Offenbar hat die Menschheit die Botschaft Gottes nicht verstanden und läuft so in den sicheren Tod. Denn beispielsweise durch Armut oder andere aussichtslose Situationen oder auch Macht, die eine große Schwäche der Menschheit ist, passieren solche Dinge wie in Istanbul.

Diese Aspekte sind nicht neu, es gibt immer eine Macht, die die anderen unterdrückt und führt, was auf jeden Fall positiv sein kann – denn die Menschen brauchen Führer um ihr Leben zu bewältigen -, aber was natürlich auch negativ ausfällt wenn die Macht und der Gehorsam missbraucht werden. In der Apokalypse ist diese Macht Gott, der allerdings gerecht handelt.

Wenn man diese beiden Bilder vergleichen will, muss man auch das Medium, durch das sie präsentiert werden berücksichtigen. Zur Zeit Dürers wurde der Buchdruck erfunden, durch den plötzlich vielen Menschen Zugang zu Literatur gegeben wurde. Das Medium Buch wurde dadurch abgewertet, war es früher etwas Besonders und Aufwendiges ein Buch herzustellen und zu besitzen, ging es nun schneller und einfacher. Dadurch stieg natürlich auch die Nachfrage nach Büchern und Illustrationen. Für Dürer war dies überaus praktisch. Die ?apokalyptischen Reiter? sind Teil einer Reihe von Holzschnitten zum Thema der Offenbarung des Johannes im Neuen Testament. Diese Holzschnitte wurden zum Bibeltext gedruckt – jeweils linke Seite Text, rechte Seite Illustration. Die Erfindung des Buchdrucks war auch eine gewaltige Neuerung für die Menschen dieser Zeit. Im Bild Dürers beispielsweise ist der Überbringer der Botschaft ein Engel – der über den Reitern am Himmel schwebt. 3)

Auch in der heutigen Zeit hat sich Kommunikation und das Überbringen von Nachrichten noch weiter reduziert auf das Nötigste. Der Artikel über den Anschlag stammt aus dem Internet. Das Internet ist für uns, wie damals für Dürer der Buchdruck eine gewaltige Neuerung, die unser Leben wesendlich beeinflusst. Dadurch verliert Information und Kommunikation noch mehr den Wert für uns – wobei sie ihn gleichzeitig auch gewinn, da viel Zugang zu dem Medium haben. – und da solche Anschläge wie in Istanbul für uns bereits alltäglich sind –seit dem Ereignis des 11.September 01 hat sich unsere Sichtweise grundlegend geändert, da Terrorismus nun präsenter ist als je zuvor – spielt es in unserem Leben auch keine große Rolle mehr. Der schrittweise Verlust der Kommunikation durch die Begegnung von Menschen, wird durch die Kommunikation per Internet ersetzt.

Die Offenbarung des Johannes wird und wurde auch öfter missbraucht. Zum Beispiel durch Sekten, Religionen und Herrscher, um die Mensche einzuschüchtern oder von irgendeiner Sache zu überzeugen. Zum Beispiel wenn Herrscher zum Krieg aufrufen und den Menschen einreden, es wäre nötig, um ihre eigene Sicherheit zu wahren, denn der vermeintliche Gegner könnte die apokalyptischen Horrorvisionen wahr werden lassen. So beginnt dann ein Krieg, der viele Opfer fordert und somit die Horrorvisionen aufleben lässt. Zum Beispiel im 2. Weltkrieg, in dem die Juden als unheilbringend gesehen wurden. So kann man das auch auf das Bild des Anschlags auslegen. Auf jeden Fall war sie Apokalypse immer aktuell und wird es auch immer sein, um sich das Übel auf der Welt zu erklären.

Kommentare von Prof. Thiel:

1 – der Begriff ?Reich? hat sich gewandelt und ist vor allem durch die Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus (Tausendjähriges Reich) korrumpiert. So spreche heute bestenfalls noch die Zeugen Jehovas vom "hereinbrechendem Reich", während in der z.B. Katholischen Kirche dieser Begriff nur mehr formelhaft verwendet wird. Allgemein wird heute eher von einem psychologisch geprägten ?Zustand?, der losgelöst ist von jeder politischen Vorstellung des ?Regiums? der röm Antike bzw. des kaiserlichen Reichsgedanken de Mittelalterlichen. Insofern waren Menschen früher in ihrem Denken politischer.

2 – die Pest trifft jeden aus heiterem Himmel. Wer die kausalen Zusammenhänge der Medizin noch nicht durchschaut, muss sich um andere Erklärungsmuster umsehen. Selbst im 20. Jh. Ringt noch A- Camus in seinem Roman "Die Pest" um den Begriff der Ungerechtigkeit wobei nach seiner Deutung die menschl. Auflehnung gegen ein solch ?gottgewolltes Schicksal? notwendig zur Leugnung des Göttlichen führen muss,

3 – dieser Abschnitt über das Medium Buch ist höchst wichtig und interessant. Leider gibt es da in deiner Ausführung einige Ungenauigkeiten: Das Medium "Buch" wird ja schon bei Johannes in den Mittelpunkt gerückt und er ordnete seine Schriften ja göttlicher Inspiration zu (ein Autoritätsverhalten, wie es bei vielen religiös bewegten Autoren üblich ist – Mohamed : Koran... ) Durch den technisch bedingten Erneuerungsdruck, kommt es nun zu einer stärkeren Individualisierung aufgrund des erleichterten Zugangs. Das ist nun auch der Ansatzpunkt für Luther, dessen Lehre nicht mehrkirchlich verkündet, sondern persönlich erlesen wird. Die letzte Konsequenz dieser Entwicklung ist die Auflösung der eigentlichen Botschaft in in der digitalen und desshalb leichtaustauschbaren. Präsenz des Internets . Allerdings ersetzte Literarisierung immer schon konkrete Kommunikation, was als unbedingte Voraussetzung für unsere Kultur angesehen werden muss.

Legende:
grün - Kommentare von Herr Prof. Thiel