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BE e-learning 7a/e 2003/04 Duerer zurück 2003/04 BEH A. Thiel a.thiel@salzburg.at
1. Schularbeit, 21. November 2003, Dauer: 2 Stunden
Schularbeit und Verbesserung zum 1. Thema 1. Thema - Apokalypse: Ergebnisse
2. Thema

Vergleiche das Selbstbildnis Albrecht Dürers aus dem Jahre 1500 (Alte Pinakothek, München) mit jenem von Jean Dubuffets, wie es wir in der Ausstellung im Rupertinum gesehen haben (Abb.)

Thema 2

Das Selbstbildnis Albrecht Dürer, das 1500 entstand, stellt ihn mit 29 Jahren dar, senkrecht im Bild sitzend und erinnert daher oft an ein Christusbild.
Wie auch seine Haartracht an Gottes Sohn erinnert, so trug er sie dennoch nicht, um einen Vergleich anzustreben, sondern weil diese damals so üblich und modern war.
Seine schwer- wirkende Haartracht lässt er sauber gekämmt im Gleichgewicht auf seine Schultern herabfallen. Er hebt die linke Seite seines Körpers hervor, stellt die rechte Seite in den Hintergrund, um Räumlichkeit zu schaffen. Mit der einen Hand, die geradezu säuberlich und perfektionistisch gezeichnet ist, hält er beide Seiten des Pelzmantels zusammen.
Die damaligen Künstler bewunderten oft seine realistisch gemalten Hände. Obwohl er in diesem Bild immer noch die Finger wie Äste abstehen lässt. Mit Stolz trägt er einen Bart, weswegen er oft Spott durch das Umfeld ertragen musste, da ein Bart für damalige Zeiten nicht üblich war.
In den letzten 500 Jahren machten sich viele Kunstwissenschaftler Gedanken über dieses Bildnis Dürers. Es wirkte geradezu blasphemisch. Es gleicht so sehr den Darstellungen von Christus, weshalb es auch „Imitatio Christi“ genannt wird.
Klar ist, dass Dürer absichtlich diesen Vergleich anstrebte, wie man aus seinen Schriften lesen kann:“
Nach seinem Leidensweg, wollte er sich als neues Individuum darstellen, wie es auch seine Augen und seine helle, hervorgehobene Stirn vermitteln. Seine Augen sind nicht auf den Betrachter gerichtet, um ihn mit seinem Blick einzufangen, sondern in sich gekehrt. Damit wollte er seine Suche nach der Vollkommenheit des Menschen darstellen.
Er war tief religiös, später fasziniert von Luthers Lehre, doch niemals wollte er sich als Ebenbild Gottes zeichnen.
Er entnahm den bekannten Satz aus der Bibel: Und so schuf Gott die Menschen nach seinem Ebenbild.
Niemals wäre ihm in den Sinn gekommen seine Religion, Gott oder Christus zu verspotten.
Man suchte auch lange nach der Proportions- Komposition dieses Selbstbildnis. Bis man letztendlich herausfand, dass es sich um das vergessene, und im Mittelalter oft für Christusdarstellungen angewendete Dreiecksschema handelte.
Beide Künstler, Albrecht Dürer und Jean Dubuffet lebten in einer Zeit der Medienrevolution.
Zu Zeiten Dürers entstand der Buchdruck, es begann die Literarisierung, woraus auch der Humanismus entstand. Die Menschen begannen sich zu bilden, vorher war jedem nur die Bibel bekannt.
Jean Dubuffet, geboren 1901 in Le Havre, lebte ebenfalls in einer Zeit der Medien. Die Technologie wurde entdeckt, Foto, Film, Fernseher etc..
Doch im Gegensatz zu Dürer, der sich die Medienrevolution zu Nutzen machte, wusste er damit nichts anzufangen.
Daher gründete er die „Compagnie de l`art brut“, eine Gesellschaft mit Künstlern, die der „Kultur im Rohzustand“(so wie Dubuffet sie nannte) nicht entgegenstand.
Er durchbrach die Norm und die fixierten Denkgewohnheiten. Er bekannte sich erst i Jahre 1942 zur Malerei und 1944 stellte er in einer Pariser Galerie erstmals aus, worauf er jedoch beim Publikum auf Provokation traf und bei Literaten Unterstützung fand.
Seit 1944 begann er Bilder von Kindern, Graffitis von Asozialen, Geistesgestörten und Sträflingen zu sammeln.
Gleichzeitig entsteht eine Reihe von Arbeiten, wo er dicke, zähflüssige Spachtelmasse verwendet. Er benutze alle möglichen Materialien( wie z.B. Schwämme oder Schmetterlingsflügel), zerschnitt sie, oft auch gefärbte Leinwände, und setze sie mosaikartig zusammen.
Erst später widmete er sich der Plastik, wo er aus Leinwänden rot- blaue Figuren zusammensetzte.
Mit Absicht versuchte Dubuffet die Einfachheit in der Kunst darzustellen, weswegen seine Zeichnungen von Unbeholfenheit gekennzeichnet waren und wie die von Kindern wirkte. Er arbeitete auch oft im Rauschzustand, um seiner Kunst freien Lauf zulassen. Nicht geleitet durch seinen Verstand, seiner Vernunft, sondern frei von jenem, um sein wahres Ich auf die Leinwand zu projizieren.
Albrecht Dürer und Jean Dubuffet, beide suchten nach dem Sinn des Lebens, nach dem mystischen Verlangen sich selbst zu finden und Eins mit sich selbst zu werden, wie man es auf beiden Selbstbildnissen erkennen kann.

Kommentar von Prog. Thiel

Deine Theorie mit den Medien ist nicht uninteressant, ja sie müsste im Gesamtzusammenhang stärker ausgebaut und intensiv überdacht werden.
Dubuffets Suche nach der Einfachheit und Unmittelbarkeit ist nicht neu, aber unglaublich radikal. Wenn wir die Gefühle des Beginnenden 20. Jahrhundert im Buchtitel O. Spenglers „Untergang des Abendlandes“ subsumieren und die depressiven Kultureinschätzungen H. Sedelmeiers „Verlust der Mitte“ nach den bitteren Erfahrungen des 2. Weltkrieges in Betracht ziehen, dann steht Dubuffets Versuch, dem kulturellen Verhängnis durch Rückzug auf Randbereiche zu entkommen, in einer Tradition abendländischer Romantizismen und schwärmerischer Naturerweckungsbewegungen. Das Faszinierende war sicher die Frische einerseits und die Frechheit andererseits, gegen das Herkömmliche ädie Formensprache des Primitiven zu sehen. In diesem Sinne könnte man ihn als Antimedialen bezeichnen, wenn nicht sein Hang zur Extremstilisierung (Zeit des Portraits) ihn verraten hätte- so ist er ungewollt ins „mediale“ Lager zurückgekehrt, freilich mit der Geste des Clownesken.
Dem künstlich Medialen setzt er die Künstlichkeit kindlicher Heiterkeit entgegen.
Dein Schlusssatz ist gut gemeint, aber doch recht konventionell- aus den vorhergegangen Gedanken wäre an Schlussfolgerungen mehr herauszuholen gewesen.