5. Bild
Das fünfte Blatt wirkt wie eine wohltuende Pause. Die Auserwählten empfangen das Zeichen der Verschonung. Die Gewalt stockt. Zwar blasen die vier Windköpfe nach wie vor mit geblähten Wangen, aber es ist ihnen nicht mehr erlaubt, Schaden anzurichten. Der Baum, den sie nicht entwurzeln dürfen, ist hier ein fruchtstrotzender Apfelbaum. Der Engel, der das Verbot verkündigt, kommt hinter den Wolken hervor mit dem Zeichen des lebendigen Gottes, einem Kreuz, in dem man die Faserung des Holzes und die drei Nagellöcher sieht.
Sein Befehl ist bereits zum Teil ausgeführt. Einer der vier Bezwinger droht dem Windkopf noch mit Schwert und Schild, der zweite redet dem Wind aus der Ferne beschwichtigend zu. Die zwei vorderen Engel lassen das Schwert schon ruhen und denken an Höheres. Einer von ihnen, im Chormantel, das gezückte Schwert schräg vor sich, hebt einen Zeigefinger, als höre oder sehe er etwas sein gefurchtes Antlitz mit den geschlossenen Augen verrät eine Art Entrückung. Man fragt sich, wer hat sich einen Engel je so vorgestellt? Sein Nachbar hat das Schwert bereits in der Scheide auf den Boden gestellt, auch er sieht etwas. Im Hintergrund, am hohen Wegrand, zeichnet ein ruhiger Engeldiakon mit einem Stift ein Kreuzchen auf die Stirne einer knienden Schar. In der Linken hält er einen Messkelch mit dem Blut des Lammes. Nicht Türstürze wie einst in Ägypten, sondern die Menschen werden mit dem Taufsiegel gezeichnet. Es sind Menschen jeden Schlags: ein ernsthafter dicker Mann, ein Greis mit einem Käppchen, ein junger Krauskopf, einer mit Stupsnase, ein Franziskaner. Ganz vorn kniet, die Hände zusammengelegt, unverkennbar mit seinen langen Haaren und feinen Zügen, Albrecht Dürer selbst.
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